Fachbeitrag

Präqualifikation – Wem nutzt das?

Mit der Präqualifikation besteht eine freiwillige Möglichkeit, vor der eigentlichen Auftragsvergabe und auftragsunabhängig die Eignung nachzuweisen und in ein Register eintragen zu lassen. Bei der Teilnahme an Ausschreibungen reicht zum Nachweis bestimmter Eignungsanforderungen dann die Nennung der Zertifikatsnummer des Registereintrags. Auftraggeber haben Nachweise, die mittels eines Präqualifizierungsverfahrens erworben wurden, zu akzeptieren; sie dürfen nur in begründeten Fällen angezweifelt werden.

Vor- und Nachteile

Der Vorteil von Präqualifikationssystemen (auch Präqualifizierungssystem oder Präqualifikationsverzeichnis) liegt darin, dass Bieter in Vergabeverfahren wiederkehrende Eignungsnachweise wie zum Beispiel Erklärungen zum Umsatz, zur Eintragung in ein Berufs- und Handelsregister oder Strafregisterauszug nicht immer wieder erneut vorlegen müssen. Außerdem wird mit der Eintragung der Nachweis des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen (§§ 123, 124 GWB) erbracht. Die Präqualifikation kann damit einerseits Angebotsausschlüssen wegen fehlender Unterlagen vorbeugen und andererseits den Aufwand reduzieren.

Umgekehrt sind das Präqualifikationsregister bzw. die dort bestätigten Nachweise auch aktuell zu halten. Änderungen müssen den Präqualifizierungsstellen mitgeteilt und Nachweise rechtzeitig vor dem Auslaufen ersetzt werden. Verfallen Sie aber nicht dem Trugschluss, dass mit der Präqualifikation zwangsweise alle geforderten Eignungsnachweise vorliegen. Der öffentliche Auftraggeber kann mehr fordern als üblicherweise im Register eingetragen wird. Fehlen dann diese Nachweise, kann das zum Angebotsausschluss führen.

Wo ist die Präqualifikation möglich?

Die Präqualifikation ist bei zuständigen Qualifizierungsstellen (PQ-Stelle) möglich. Für Bauleistungen im Anwendungsbereich der VOB/A wird die Präqualifikationsliste vom „Verein für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V.“ geführt.

Für Liefer- und Dienstleistungen kann man sich in das „Amtliche Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen für den Liefer- und Dienstleistungsbereich“ eintragen lassen, das bundeseinheitlich durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK e.V.) geführt wird.

Teilweise führen öffentliche Auftraggeber und auch einige Bundesländer ein Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis für öffentliche Aufträge (ULV) bzw. ein eigenes Präqualifikationssystem.

Wie läuft die Präqualifikation ab?

Für eine Präqualifikation reichen Unternehmen bei einer zuständigen Qualifizierungsstelle einen Antrag mit den von der Stelle geforderten Dokumenten und Nachweisen ein. Die benötigten Dokumente und den jeweiligen Ablauf des Verfahrens erfahren sie über die Internetseite der jeweiligen Qualifizierungsstelle.
Wenn das Unternehmen die Anforderungen erfüllt, erhält es nach der Überprüfung durch die Qualifizierungsstelle ein Zertifikat und eine Zertifikatsnummer (PQ-Nummer).

Das Unternehmen wird damit in einer Datenbank registriert und kann ab dann bei Angebotsverfahren nur noch die Zertifikatsnummer angeben oder das Zertifikat als Kopie dem Angebot beifügen. Das Präqualifikationsverzeichnis ist allgemein zugänglich; die Nachweise können aber nur vom öffentlichen Auftraggeber mit der Zertifizierungsnummer eingesehen werden. Mit den Registereinträgen, die allgemein zugänglich sind, können sich Auftraggeber auch einen Überblick über Anbieter verschaffen, etwa für Preisanfragen oder beschränkte Ausschreibungen.

Wann und wie muss ich aktualisieren?

Aktualisiert bzw. neu beantragt werden müssen die hinterlegten Nachweise rechtzeitig vor ihrem Auslaufen. Eine Aktualisierung ist darüber hinaus auch erforderlich, wenn sich an den hinterlegten Nachweisen Änderungen ergeben. Als Service bieten einige Qualifizierungsstellen eine rechtzeitige Erinnerung an die Aktualisierung an oder übernehmen die fristgerechte Beantragung aktualisierter Nachweisdokumente.

Teilweise haben die Qualifizierungsstellen auch selbst Zugriff auf Daten und nehmen Änderungen selbst vor. So werden beispielsweise Unternehmen, die im Zusammenhang mit Schwarzarbeit und Mindestlohn auffällig werden, umgehend aus der Liste der präqualifizierten Unternehmen herausgenommen.

Gibt es Unterschiede für Bau-, Liefer- und Dienstleistung?

Unterschiede zwischen Bau-, Liefer- und Dienstleistungen ergeben sich in erster Linie daraus, dass verschiedene Stellen zuständig sind. Im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen (Anwendungsbereich der VgV und UVgO) gilt darüber hinaus bei einer Präqualifikation eine sog. Eignungsvermutung.

Darüber hinaus ergeben sich bei der Bedeutung der Präqualifikation Unterschiede: Die Präqualifikation spielt im Baubereich eine größere Rolle als im Liefer- und Dienstleistungsbereich.

Unterscheide europaweit und national

Der Einsatz von Präqualifikationssystemen ist bei europaweiten Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte und bei nationalen Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte möglich bzw. gesetzlich verankert. Nur die VOB/A 1. Abschnitt „hinkt“ hinterher: Im Baubereich ist unterhalb der EU-Schwellenwerte nicht ausdrücklich geregelt, dass die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Angaben nicht ohne Begründung in Zweifel gezogen werden dürfen.

Kostenfrage

Für die Eintragung in ein Präqualifikationsverzeichnis und die jährliche Aufrechterhaltung werden von den Qualifizierungsstellen Gebühren erhoben bzw. Preise festgesetzt. Die Höhe ergibt sich aus der Gebührenordnung oder der Preisliste der Anbieter. Informationen zu Preisen erhält man in der Regel über den Internetauftritt des Anbieters.

Autor

Dr. Corina Jürschik ist seit 2013 Rechtsanwältin und Fachanwältin für Vergaberecht in der Kanzlei OPPENLÄNDER Rechtsanwälte in Stuttgart. Im Vergaberecht berät sie Bieter bei der Durchsetzung ihrer vergaberechtlichen Ansprüche sowie öffentliche Auftraggeber bei der rechtssicheren Gestaltung von Vergabeverfahren. Sie publiziert regelmäßig im Bereich Vergaberecht und hält Fachvorträge.

Wissen

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

27.11.2024 | Fachbeitrag

So erkennen Sie, ob die Vertragslaufzeit zulässig ist!

Ist einer der Vertragspartner ein öffentlicher Auftraggeber, gelten für Vertragslaufzeiten eigene Gesetze. Diese sollten Sie auch als Bieter unbedingt kennen.
Mehr erfahren
25.10.2024 | Fachbeitrag

De-Facto-Vergabe: So können sich Bieter wehren

Bei einer De-Facto-Vergabe wird ein öffentlicher Auftrag ohne vorheriges Vergabeverfahren direkt vergeben. Das ist nicht erlaubt. So können Sie sich wehren.
Mehr erfahren
07.10.2024 | Fachbeitrag

6 Tipps, um passende Vergaben auszuwählen

Mit strukturierten Teilnahme-Entscheidungen konzentrieren Sie Ihre Kraft auf Ausschreibungen, bei denen sich die Teilnahme lohnt und erhöhen unmittelbar Ihre Gewinnchancen.
Mehr erfahren
22.08.2024 | Fachbeitrag

Preisrecht und Preisprüfung

Nicht jede Ausschreibung führt zu einem Marktpreis – entscheidend sind die Regelungen des öffentlichen Preisrechts.
Mehr erfahren
09.07.2024 | Fachbeitrag

So vermeiden Sie eine Rechnungskürzung!

Zweifel an fairen Preisen? Öffentliche Auftraggeber können Preisprüfungen beantragen, die oft zu Auftragskürzungen führen. Erfahren Sie, wie Sie sich davor schützen können!
Mehr erfahren
20.05.2024 | Fachbeitrag

Rechtsgrundlagen zur Aufhebung öffentlicher Ausschreibungen

Aufhebung von Vergabeverfahren: Wann sie möglich ist und was Bieter wissen müssen.
Mehr erfahren
23.04.2024 | Fachbeitrag

Eigenerklärungen, EEE, Präqualifikation und Besonderheiten bei zweistufigen Verfahren (Teil 2)

Optimieren Sie Ihre Vergabeerfolge: Umfassender Guide zu EEE, Präqualifikation und strategischer Nutzung von Eigenerklärungen im Vergaberecht
Mehr erfahren
26.03.2024 | Fachbeitrag

Nachweise zur Leistungsfähigkeit, Referenzen und Besonderheiten für Start-ups (Teil 1)

Erfahren Sie, wie Sie die Eignungsprüfung für öffentliche Aufträge meistern. Schlüsselkriterien und Tipps für den Erfolg in Vergabeverfahren
Mehr erfahren
19.02.2024 | Fachbeitrag

Die rechtssichere Baudokumentation: Must-Have für jedes Bauprojekt!

Warum eine umfassende Baudokumentation in Bauprojekten unverzichtbar ist und wie sie rechtssichere Abrechnungen und erfolgreiche Projekte sichert
Mehr erfahren
19.01.2024 | Fachbeitrag

eRechnung: Pflicht soll auch im B2B schnell kommen!

In Deutschland soll es ab 2025 im B2B-Geschäft nur noch eRechnungen geben. Lesen Sie jetzt, was das konkret bedeutet, wer davon betroffen ist und was sie tun müssen.
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich