Fachbeitrag

Allgemeine Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung um öffentliche Aufträge Teil 2

Den Auftraggeber verstehen

Es lässt sich nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, die Vergabeunterlagen sorgfältig zu lesen und zu verstehen. Der gesamte für eine Bewerbung betriebene Aufwand kann vergebens sein, wenn wesentliche Details missachtet werden. Nur wenn Sie die Unterlagen vollständig verstanden haben, können Sie sich auch ein abschließendes Bild von der zu erbringenden Leistung, den einzuhaltenden Formalien und den einzureichenden Unterlagen machen.

Um die Übersicht nicht zu verlieren, sollten Sie z. B. mit Tabellen oder anderen Tools arbeiten. Die meisten öffentlichen Auftraggeber liefern mit ihren Unterlagen auch ein Dokument, welches die einzureichenden Unterlagen auflistet. Dennoch finden sich bisweilen mitunter unglücklich platzierte bzw. „versteckte“ Anforderungen.

Unklarheiten beseitigen

Zwar gehen Unklarheiten in den Vergabeunterlagen zu Lasten der Vergabestelle. Bieter dürfen Ungereimtheiten in den Vergabeunterlagen jedoch nicht einfach hinnehmen oder gar zu ihren Gunsten ausnutzen. Sollten Sie Teile der Vergabeunterlagen nicht verstehen, empfiehlt es sich daher grundsätzlich, Bieterfragen zu stellen. Allerdings gibt es durchaus auch Situationen, in denen aus taktischen Gründen auf Bieterfragen verzichtet werden sollte.

Wann ein zurückhaltendes Schweigen einer Bieterfrage vorzuziehen ist, soll hier nicht vertieft erörtert werden. Gerade für Einsteiger in den öffentlichen Beschaffungsmarkt muss jedoch klargestellt sein, dass sowohl die Frage als auch die darauf ergehende Antwort sämtlichen Bietern zur Verfügung gestellt wird. Sie erhalten vonseiten des Auftraggebers mithin keine private Information, sondern müssen im Ernstfall damit leben, dass Sie auch andere Bieter auf ein bis dahin unentdecktes Problem aufmerksam gemacht haben.

Dennoch ist es regelmäßig nicht klug, ohne vorherige Nachfrage ein Angebot einzureichen, wenn Sie sich über maßgebliche Konditionen der Leistungserbringung, Eignungsanforderungen, Zuschlagskriterien, formale Vorgaben, usw. nicht im Klaren sind. Lassen Sie Unklarheiten einfach im Raum stehen, oder legen Sie Ihre eigene Interpretation einer vermeintlich (!) mehrdeutigen Vorgabe zugrunde, riskieren Sie damit den Ausschluss Ihres Angebots. Auch die Wirtschaftlichkeit und damit die Erfolgsaussichten Ihres Angebots können leiden, wenn kalkulationsrelevante Zweifel nicht ausgeräumt werden.

Informiert bleiben

Vergewissern Sie sich regelmäßig über Neuigkeiten im laufenden Vergabeverfahren. Auch andere Bieter können Fragen stellen, welche gemeinsam mit den dazugehörigen Antworten des öffentlichen Auftraggebers allen Bietern zur Verfügung gestellt werden müssen. So wie andere Bieter aus Ihren Bieterfragen Informationen ziehen können, besteht diese Möglichkeit selbstverständlich auch vice versa. Aus diesen Antworten lassen sich häufig wichtige Informationen oder Klarstellungen entnehmen. Mitunter werden auch Anforderungen, Unterlagen oder Fristen durch den Auftraggeber geändert.

In der Regel bieten die Vergabeportale die Möglichkeit, sich automatisch über Änderungen informieren zu lassen. Von dieser Option sollten Sie Gebrauch machen, da Ihnen anderenfalls wesentliche Informationen entgehen können.

Angebotsabgabe

Prüfen Sie das Angebot vor der Abgabe auf Vollständigkeit. Nutzen Sie hierfür die bereits von Beginn an gepflegte Tabelle zur Kontrolle. Vergewissern Sie sich, dass Sie alle erforderlichen Unterlagen, Dokumente, Formblätter und Nachweise beisammen sowie alle erforderlichen Angaben getätigt haben. Denken Sie auch an die notwendigen Signaturen! Es ist ratsam, das Angebot von einer zweiten Person prüfen zu lassen, um Fehler zu vermeiden.

In der Regel ist die Abgabe eines Angebots ausschließlich über die Vergabeplattform möglich. Achten Sie darauf, dass Sie rechtzeitig mit dem Upload beginnen, um unangenehme Folgen von technischen Problemen oder unvorhergesehenen Verzögerungen zu vermeiden. Derartige Beeinträchtigungen gehen häufig zu Lasten des Bieters – mit der Folge, dass sein Angebot keine Berücksichtigung findet.

Fazit

Wer sich erfolgreich um öffentliche Aufträge bewerben möchte, braucht vor allem zweierlei: einen klaren Kopf und eine strukturierte Vorgehensweise. Nicht selten kann es passieren, dass selbst erfahrene Bieter aus Nachlässigkeit ihre Chance auf den Zuschlag verspielen, weil sie Vorgaben nicht korrekt verstanden oder die Vergabeunterlagen nicht aufmerksam gelesen haben. Das ist immer ärgerlich!

Arbeiten Sie daher sorgfältig und verlieren Sie nicht den Überblick. Nutzen Sie die Möglichkeit, bei Unklarheiten nachzufragen, aber achten Sie auch darauf, welche Informationen andere Bieter preisgeben.

Wichtig ist: Nicht einschüchtern lassen, sondern mit System und Aufmerksamkeit an die Sache herangehen – dann klappt’s auch mit dem Zuschlag!

Autor

Seit Anfang 2020 ist Christian Schötzig bei abante Rechtsanwälte tätig, einer spezialisierten Boutique für Vergaberecht. Nach dem Abschluss seines 2. Juristischen Examens im Jahr 2019 in Sachsen begann er seine Karriere im Vergaberecht, zunächst mit Fokus auf die Vertretung von Bietern in Bereichen wie Facility Management (Wach- und Sicherheitsdienstleistungen, Reinigungsdienstleistungen), Schülerbeförderung, Abschleppdienstleistungen und Bauvergaben. Seit 2023 ist er als Fachanwalt für Vergaberecht anerkannt und begleitet sowohl öffentliche Auftraggeber bei der rechtsicheren Abwicklung von Verfahren als auch Bieter in diversen Mandaten. Homepage: https://abante.de/team-mitglieder/christian-schoetzig/

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