Fachbeitrag

Die rechtssichere Baudokumentation: Must-Have für jedes Bauprojekt!

Sie ist das Fundament für einen reibungslosen Bauablauf und der einzige Schutz des Vergütungsanspruchs – die Baudokumentation.

Jede an Bauprojekten beteiligte Person kennt sie und weiß, dass sie in irgendeiner Art und Weise nötig ist: Die Baudokumentation. Doch wofür wird sie erstellt? Ist sie, wie so oft im Handwerk zitiert, wirklich lastiges Übel? Und wenn nicht? Was bringt es denn, Gesprächsnotizen und Fotos zu machen, Schriftwechsel zu führen und jeden Handgriff bestätigen zu lassen?

Die vollständige und somit rechtssichere Baudokumentation ist kein „Nice-to-have“, wenn es um die Abwicklung und Abrechnung öffentlicher Bauvorhaben geht. Ziel der Baudokumentation ist es, schriftlich oder auf digitale Weise dauerhaft niedergelegte Informationen (Dokumente) gezielt für Dritte auffindbar und insbesondere nutzbar zu machen. Diese wichtigen Informationen können gezielt weiterverwendet werden.

Das Ablegen von Informationen in digitaler, möglichst cloudbasierter Form hat einen weiteren Vorteil. So haben alle am Projekt beteiligten Personen von jedem Ort und in Echtzeit Zugriff auf die für sie zugewiesenen Informationen und Dokumente.

Eine umfassende und vollständige Dokumentation gewährleistet eine effizientere Kommunikation, die Sicherung von Vergütungsansprüchen und senkt potenzielle Risiken während der Planungs- und Ausführungsphase auf ein Minimum.

Die Baudokumentation im Rahmen der VOB: Anforderungen und Relevanz

Die Beziehung zwischen der Baudokumentation und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ist insbesondere für Unternehmen, die an öffentlichen Bauprojekten teilnehmen von zentraler Bedeutung. Die VOB stellt die Allgemeine Geschäftsbedingung für die Vertragsparteien dar und ist für die Vergabe von Bauprojekten im öffentlichen Sektor in Deutschland verpflichtend anzuwenden.

Die VOB hat aus mehreren Gründen direkten Einfluss auf die Baudokumentation:

  • Anforderungen an die Dokumentation: Die VOB schreibt in vielen Fällen vor, welche Dokumente während eines Bauprojekts zu führen sind. Dazu gehören beispielsweise Aufmaße, Mengenermittlungen, Baustellentagebücher, Abnahmeprotokolle usw. Diese Anforderungen sind in der Regel in den VOB/C-Teilen spezifiziert.
  • Pflichten der Vertragsparteien: Die VOB legt fest, welche Partei für die Führung der Baudokumentation verantwortlich ist. Normalerweise liegt diese Verpflichtung beim Auftragnehmer, aber auch der Bauherr kann bestimmte Dokumentationspflichten haben. Diese Verantwortlichkeiten sind in den VOB/B-Teilen festgelegt.
  • Rechtsgrundlage bei Streitigkeiten: Im Falle von Streitigkeiten oder Unstimmigkeiten während eines Bauprojekts wird die Baudokumentation oft als Beweismittel herangezogen. Die VOB legt fest, welche Dokumente im Streitfall relevant und wie sie zu interpretieren sind. Dies kann den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten maßgeblich beeinflussen.

Was nicht sichtbar ist, wird nicht vergütet.

Während Abschlagsrechnungen meist pünktlich und ohne Minderung gezahlt werden, werden insbesondere Schlussrechnungen in der Tiefe geprüft. Sind erbrachte Leistungen in den Abrechnungsunterlagen nicht nachvollziehbar, wird die Rechnung korrigiert und nicht in voller Höhe vergütet. Ab diesem Zeitpunkt entsteht dem Unternehmen ein kapitaler Schaden, da es unmittelbar die finanziellen Mittel und somit die Liquidität beeinflusst.

Drei der am häufigsten auftretenden Gründe für Korrekturen bei der Rechnungsprüfung sind:

  • unvollständige oder fehlende Nachweise tatsächlich erbrachter Leistungen
  • Nachweise für zusätzliche oder (mehrfach) geänderte Arbeiten
  • unvollständige Protokolle und Unterlagen zur Prüfung der Schlussrechnung.

Was folgt, ist die ressourcenbindende Suche nach Beweismitteln und eine mühsam begründete Vorbehaltserklärung, die von der Gegenseite verstanden und anerkannt werden muss. Selbst ein Fachanwalt für Baurecht kann den rechtmäßigen Anspruch von Restwerklohnansprüchen nur dann zu 100% durchsetzen, wenn Nachweise dokumentiert und gerichtsfest sind.

Was sollte eine Baudokumentation beinhalten und wer führt sie?

Eine lückenhafte oder unvollständige Baudokumentation öffnet Tür und Tor für Missverständnisse, Konflikte und letztendlich Rechtsstreitigkeiten. Und mal ehrlich, wer hat schon Zeit und Nerven für langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren?

Eine strukturierte Herangehensweise von Anfang an kann eine Menge Kopfschmerzen, Zeit und Geld ersparen. Sie erleichtert Führungskräften die Projektkoordination, Abrechnung und legt auch den Grundstein für ein effizientes Nachtragsmanagement sowie eine erfolgreiche Projektabwicklung. Letztendlich trägt eine umfassende Baudokumentation auch dazu bei, den Ruf des Unternehmens als zuverlässiger und professioneller Partner zu festigen und langfristig seinen finanziellen Erfolg zu sichern.

Zur vereinfachten Nutzung kann die Struktur in 5 Phasen des Projekts gegliedert werden.

  1. Definitions-Phase
  1. Planungs-Phase
  • alle Informationen und Unterlagen zur Planung und Arbeitsvorbereitung, zur anstehenden Ausführung, Einsatzplanung Geräte/Personal
  1. Ausführungs-Phase
  • alle Informationen und Unterlagen von der Ausführungsplanung, Bautagesberichte, Aufmass, Abrechnung, Nachtragsmanagement, Rapporte zusätzlicher Leistungen, Schriftverkehr, Zusatzvereinbarungen, Protokolle
  1. Abschluss-Phase
  • alle Informationen und Unterlagen zu Ergänzungs- und Wiederholungsarbeiten, zusätzlichen Kosten, Bescheinigungen, Qualitätssicherung
  1. Abnahme-Phase
  • alle Informationen und Unterlagen zur Abnahme, Protokolle, Gewährleistungsurkunden, Abschlussberichte, Schlussdokumentation, Schlussaufmaß, Schlussrechnung

Mit dieser Gliederung behalten die Nutzer den Überblick über die Vielzahl von Dokumenten und Informationen. Zudem können diese bei Bedarf gezielt weiterverarbeitet werden.

Praxistipp

  • Für Unternehmen mit hohen Qualitätsansprüchen ist es ratsam, von Anfang an in eine solide Baudokumentation zu investieren.
  • Dokumentieren Sie bei Ihren Bauprojekten alles Wichtige: lückenlos, übersichtlich strukturiert, für Dritte leicht verständlich, objektiv und unveränderbar!
  • Das ist unter Umständen mit einem hohen Aufwand verbunden, aber es liegt in Ihrem eigenen Interesse als Auftragnehmer.

 

Fazit: Die Baudokumentation ist eine Investition in die Zukunft

  • Die Baudokumentation ist kein lästiges Übel. Sie ist eine Investition in die Zukunft!
  • Besonders im Kontext öffentlicher Ausschreibungen, wo der Wettbewerb intensiv und der Druck hoch ist, ist eine vollständige Baudokumentation von unschätzbarem Wert.
  • Nur so können potenzielle Risiken minimiert und die Chancen auf erfolgreiche öffentliche Ausschreibungen maximiert werden.
  • Sie ermöglicht eine transparente und nachvollziehbare Abwicklung des Bauprojekts.
  • Sie kann bei Streitigkeiten ggf. als Beweismittel herangesogen werden und sichert unter Umständen finanzielle Ansprüche.
  • Zudem wird das Vertrauen der Auftraggeber gestärkt und die langfristigen Erfolgsaussichten Ihres Unternehmens verbessert.
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