Fachbeitrag

Bankenfeedback bei Kreditablehnungen einholen

Die Europäische Union (EU) hat aus Sicht kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) eine lobenswerte Initiative angestoßen: Sie will Banken und Sparkassen dazu verpflichten, KMU bei einer Kreditablehnung über die Gründe zu informieren. Die Bankenverbände in Deutschland haben sich daraufhin auf „High-Level-Principles“ zum Bankenfeedback bei Ablehnung von KMU-Krediten verständigt. Doch was verbirgt sich wirklich hinter dieser anspruchsvollen Bezeichnung.

Was sind „High-Level-Principles“?

Wie der Kernsatz dieser „High-Level-Principles“ lautet berichtet die Fachzeitschrift der Genossenschaftsbanken „BankInformation“ in ihrer Ausgabe 2018-01: „Im Kern geht es darum, dass Kreditinstitute ihren mittelständischen Firmenkunden auf deren Nachfrage die Gründe für eine Kreditablehnung nennen und erläutern.“

Der Beobachter reibt sich verwundert die Augen: Verlangte die EU nicht „High-Level-Principles“? Was ist daran ein „Hohes Niveau“ oder „anspruchsvolles Prinzip“? Die Banken antworten auf eine Frage. Doch wohl eine Selbstverständlichkeit in einer Geschäftspartnerschaft.

Allein, dass die EU ein derartiges Verlangen an die Verbände der Kreditinstitute richtet, ist ein Indiz dafür, dass diese Selbstverständlichkeit offenbar in der täglichen Praxis gar nicht so selbstverständlich ist. Das hat auch das „KMU-Banken-Barometer 2016“ gezeigt: Der Aussage „Unsere Bank kommuniziert offen die Gründe für eine Kreditzusage wie Kreditablehnung“ stimmten nur 14,1 Prozent der teilnehmenden Unternehmen voll zu. Für 17,5 % der Unternehmen trifft dies überhaupt nicht zu.

Wann sollen „High-Level-Principles“ greifen?

Betrachten wir das ganze einmal aus der Perspektive eines KMU, dass bei seiner langjährigen Hausbank eine Kreditanfrage stellt. Dann ist doch folgende Schrittfolge der Normalfall:

  1. KMU informiert über Kreditgrund (Verwendungszweck) und benötigte Kredithöhe.
  2. Bank listet, auf welche Unterlage sie für die Prüfung des Kredites benötigt und welche Sicherheiten Sie gerne für die Absicherung des Kredites hätte.
  3. KMU stellt diese Informationen und Unterlagen zusammen und übergibt / übersendet diese an die Bank.
  4. Bank prüft die Unterlagen und erstellt ein Rating sowie eine Kapitaldienstfähigkeitsberechnung als Basis für Einschätzung der Bonität / Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Außerdem ermittelt sie das Blankovolumen des gesamten Kreditengagements (bisher schon zur Verfügung gestellte Kredite plus neue Kreditanfrage): Summe aller Kredite abzüglich der gestellten Sicherheiten in der Bewertung der Bank.
  5. Bank hat ggf. noch Nachfragen an ihren Kunden.
  6. Kunde beantwortet auch die Nachfragen.
  7. Bank entscheidet, ob sie den Kredit geben will oder nicht.

Und genau bei Schritt 7 sollen jetzt die „High-Level-Principles“ greifen. In einer „Enttäuschungs-Situation“ verlangen jetzt die Kreditinstitute, dass ihre Kunden nach den Gründen für das Banken-Nein fragen. Und dann sind sie auch bereit, diese Gründe zu nennen und zu erläutern. Sehr gnädig. Aber wenig partnerschaftlich. Aber vielleicht sind wir ja in den Zeiten einer Geschäftspartnerschaft zwischen Kreditinstituten und Firmenkunden noch gar nicht angekommen, sondern leben immer noch im Zeitalter der Kredit-„Gewährung“.

Die Vorteile der Begründung einer Kreditablehnung

Aus Beratersicht ist dieses Bankverhalten eine vertane Chance. Denn den Kunden offensiv über die Gründe für eine Kreditablehnung zu informieren, hätte doch Charme: Auf Basis der Informationen und Unterlagen des Kunden könnten Rating, Kapitaldienstfähigkeitsberechnung und Blanko-/Sicherheitensituation erläutert werden mit klaren Hinweisen, wo die Bank Schwächen und Probleme sieht. Natürlich ist das der Blickwinkel der Bank. Und dieser ist tendenziell risikogetrieben. Während der Blickwinkel des Unternehmens eher chancengetrieben ist. Aber gerade in der Kombination der Sichten liegt doch Erkenntnispotenzial – übrigens für beide Seiten.

Das Unternehmen kann jetzt überlegen, welche Hinweise der Bank vielleicht „doch“ ihre Berechtigung haben und könnte Aktivitäten ableiten zur Verbesserung. Das nützt dem Unternehmen. Und es nützt auch der Bank, die perspektivisch einen Kunden mit verbesserten Bonität bekommt.

Und die Bank könnte aus dem Gespräch über die Ablehnungsgründe ergänzende Informationen und Einschätzungen mitnehmen.

Das setzt natürlich voraus, dass ein echter Austausch gelingt und nicht ein Schlagabtausch über die jeweiligen Rechtfertigungen stattfindet.

Aus KMU-Sicht gibt es übrigens noch ein Thema bei diesen „High-Level-Principles, das zu denken gibt: Die Verbände der Kreditwirtschaft haben diese Prinzipien nicht allein am grünen Tisch besprochen, sondern haben sich den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit an den Tisch geholt. Und diese haben offenbar keine Bedenken gegen diese Art von zurückhaltenden „High-Level-Principles“. Im Gegenteil, sie wollen ihre Mitglieder auf die Möglichkeit aufmerksam machen, die Frage nach den Ablehnungsgründen zu stellen. Da hätte ich doch deutlich mehr KMU-Perspektive erwartet. Vielleicht sind diese Verbände einfach nicht (mehr) genug kmu-orientiert?

Was bleibt Unternehmen jetzt übrig: Natürlich fragen, fragen, fragen: Nach den Gründen einer Kreditzusage übrigens ebenso wie nach den Gründen einer Kreditablehnung. Und dabei sollten immer im Mittelpunkt stehen:

  • Ergebnis des Ratingverfahrens und wesentliche Stellschrauben zur weiteren Verbesserung
  • Ergebnis der Kapitaldienstfähigkeitsberechnung und wesentliche Stellschrauben zu weiteren Verbesserung
  • Blankovolumen des Kreditengagements und die Bewertung der einzelnen Sicherheiten aus Bankensicht.

Auf dieser Basis können Unternehmen ihre Verhandlungsposition gegenüber ihren Finanzierungspartnern realistisch einschätzen und zielgerichtet verhandeln.

 

Die Europäische Union (EU) hat aus Sicht kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) eine lobenswerte Initiative angestoßen: Sie will Banken und Sparkassen dazu verpflichten, KMU bei einer Kreditablehnung über die Gründe zu informieren. Die Bankenverbände in Deutschland haben sich daraufhin auf „High-Level-Principles“ zum Bankenfeedback bei Ablehnung von KMU-Krediten verständigt. Doch was verbirgt sich wirklich hinter dieser anspruchsvollen Bezeichnung.

Was sind „High-Level-Principles“?

Wie der Kernsatz dieser „High-Level-Principles“ lautet berichtet die Fachzeitschrift der Genossenschaftsbanken „BankInformation“ in ihrer Ausgabe 2018-01: „Im Kern geht es darum, dass Kreditinstitute ihren mittelständischen Firmenkunden auf deren Nachfrage die Gründe für eine Kreditablehnung nennen und erläutern.“

Der Beobachter reibt sich verwundert die Augen: Verlangte die EU nicht „High-Level-Principles“? Was ist daran ein „Hohes Niveau“ oder „anspruchsvolles Prinzip“? Die Banken antworten auf eine Frage. Doch wohl eine Selbstverständlichkeit in einer Geschäftspartnerschaft.

Allein, dass die EU ein derartiges Verlangen an die Verbände der Kreditinstitute richtet, ist ein Indiz dafür, dass diese Selbstverständlichkeit offenbar in der täglichen Praxis gar nicht so selbstverständlich ist. Das hat auch das „KMU-Banken-Barometer 2016“ gezeigt: Der Aussage „Unsere Bank kommuniziert offen die Gründe für eine Kreditzusage wie Kreditablehnung“ stimmten nur 14,1 Prozent der teilnehmenden Unternehmen voll zu. Für 17,5 % der Unternehmen trifft dies überhaupt nicht zu.

Wann sollen „High-Level-Principles“ greifen?

Betrachten wir das ganze einmal aus der Perspektive eines KMU, dass bei seiner langjährigen Hausbank eine Kreditanfrage stellt. Dann ist doch folgende Schrittfolge der Normalfall:

  1. KMU informiert über Kreditgrund (Verwendungszweck) und benötigte Kredithöhe.
  2. Bank listet, auf welche Unterlage sie für die Prüfung des Kredites benötigt und welche Sicherheiten Sie gerne für die Absicherung des Kredites hätte.
  3. KMU stellt diese Informationen und Unterlagen zusammen und übergibt / übersendet diese an die Bank.
  4. Bank prüft die Unterlagen und erstellt ein Rating sowie eine Kapitaldienstfähigkeitsberechnung als Basis für Einschätzung der Bonität / Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Außerdem ermittelt sie das Blankovolumen des gesamten Kreditengagements (bisher schon zur Verfügung gestellte Kredite plus neue Kreditanfrage): Summe aller Kredite abzüglich der gestellten Sicherheiten in der Bewertung der Bank.
  5. Bank hat ggf. noch Nachfragen an ihren Kunden.
  6. Kunde beantwortet auch die Nachfragen.
  7. Bank entscheidet, ob sie den Kredit geben will oder nicht.

Und genau bei Schritt 7 sollen jetzt die „High-Level-Principles“ greifen. In einer „Enttäuschungs-Situation“ verlangen jetzt die Kreditinstitute, dass ihre Kunden nach den Gründen für das Banken-Nein fragen. Und dann sind sie auch bereit, diese Gründe zu nennen und zu erläutern. Sehr gnädig. Aber wenig partnerschaftlich. Aber vielleicht sind wir ja in den Zeiten einer Geschäftspartnerschaft zwischen Kreditinstituten und Firmenkunden noch gar nicht angekommen, sondern leben immer noch im Zeitalter der Kredit-„Gewährung“.

Die Vorteile der Begründung einer Kreditablehnung

Aus Beratersicht ist dieses Bankverhalten eine vertane Chance. Denn den Kunden offensiv über die Gründe für eine Kreditablehnung zu informieren, hätte doch Charme: Auf Basis der Informationen und Unterlagen des Kunden könnten Rating, Kapitaldienstfähigkeitsberechnung und Blanko-/Sicherheitensituation erläutert werden mit klaren Hinweisen, wo die Bank Schwächen und Probleme sieht. Natürlich ist das der Blickwinkel der Bank. Und dieser ist tendenziell risikogetrieben. Während der Blickwinkel des Unternehmens eher chancengetrieben ist. Aber gerade in der Kombination der Sichten liegt doch Erkenntnispotenzial – übrigens für beide Seiten.

Das Unternehmen kann jetzt überlegen, welche Hinweise der Bank vielleicht „doch“ ihre Berechtigung haben und könnte Aktivitäten ableiten zur Verbesserung. Das nützt dem Unternehmen. Und es nützt auch der Bank, die perspektivisch einen Kunden mit verbesserten Bonität bekommt.

Und die Bank könnte aus dem Gespräch über die Ablehnungsgründe ergänzende Informationen und Einschätzungen mitnehmen. Das setzt natürlich voraus, dass ein echter Austausch gelingt und nicht ein Schlagabtausch über die jeweiligen Rechtfertigungen stattfindet.

Aus KMU-Sicht gibt es übrigens noch ein Thema bei diesen „High-Level-Principles, das zu denken gibt: Die Verbände der Kreditwirtschaft haben diese Prinzipien nicht allein am grünen Tisch besprochen, sondern haben sich den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit an den Tisch geholt. Und diese haben offenbar keine Bedenken gegen diese Art von zurückhaltenden „High-Level-Principles“. Im Gegenteil, sie wollen ihre Mitglieder auf die Möglichkeit aufmerksam machen, die Frage nach den Ablehnungsgründen zu stellen. Da hätte ich doch deutlich mehr KMU-Perspektive erwartet. Vielleicht sind diese Verbände einfach nicht (mehr) genug kmu-orientiert?

Was bleibt Unternehmen jetzt übrig: Natürlich fragen, fragen, fragen: Nach den Gründen einer Kreditzusage übrigens ebenso wie nach den Gründen einer Kreditablehnung. Und dabei sollten immer im Mittelpunkt stehen:

  • Ergebnis des Ratingverfahrens und wesentliche Stellschrauben zur weiteren Verbesserung
  • Ergebnis der Kapitaldienstfähigkeitsberechnung und wesentliche Stellschrauben zu weiteren Verbesserung
  • Blankovolumen des Kreditengagements und die Bewertung der einzelnen Sicherheiten aus Bankensicht.

Auf dieser Basis können Unternehmen ihre Verhandlungsposition gegenüber ihren Finanzierungspartnern realistisch einschätzen und zielgerichtet verhandeln.

Autor

20 Jahre leitende Tätigkeit in Banken, zuletzt neun Jahre Vorstandsmitglied einer Volksbank. Seit 1998 freiberuflicher UnternehmerBerater mit den Schwerpunkten Finanzierung, Liquidität, Rating und Bankenkommunikation. Leiter der Fachgruppe „Finanzierung-Rating“ im Verband Die KMU-Berater – Bundesverband freier Berater e.V. Autor des Buches: „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln – Praxisleitfaden zur Bankenkommunikation für Unternehmer und Berater" aus dem NWB-Verlag.

Wissen

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

25.10.2024 | Fachbeitrag

De-Facto-Vergabe: So können sich Bieter wehren

Bei einer De-Facto-Vergabe wird ein öffentlicher Auftrag ohne vorheriges Vergabeverfahren direkt vergeben. Das ist nicht erlaubt. So können Sie sich wehren.
Mehr erfahren
07.10.2024 | Fachbeitrag

6 Tipps, um passende Vergaben auszuwählen

Mit strukturierten Teilnahme-Entscheidungen konzentrieren Sie Ihre Kraft auf Ausschreibungen, bei denen sich die Teilnahme lohnt und erhöhen unmittelbar Ihre Gewinnchancen.
Mehr erfahren
22.08.2024 | Fachbeitrag

Preisrecht und Preisprüfung

Nicht jede Ausschreibung führt zu einem Marktpreis – entscheidend sind die Regelungen des öffentlichen Preisrechts.
Mehr erfahren
09.07.2024 | Fachbeitrag

So vermeiden Sie eine Rechnungskürzung!

Zweifel an fairen Preisen? Öffentliche Auftraggeber können Preisprüfungen beantragen, die oft zu Auftragskürzungen führen. Erfahren Sie, wie Sie sich davor schützen können!
Mehr erfahren
20.05.2024 | Fachbeitrag

Rechtsgrundlagen zur Aufhebung öffentlicher Ausschreibungen

Aufhebung von Vergabeverfahren: Wann sie möglich ist und was Bieter wissen müssen.
Mehr erfahren
23.04.2024 | Fachbeitrag

Eigenerklärungen, EEE, Präqualifikation und Besonderheiten bei zweistufigen Verfahren (Teil 2)

Optimieren Sie Ihre Vergabeerfolge: Umfassender Guide zu EEE, Präqualifikation und strategischer Nutzung von Eigenerklärungen im Vergaberecht
Mehr erfahren
26.03.2024 | Fachbeitrag

Nachweise zur Leistungsfähigkeit, Referenzen und Besonderheiten für Start-ups (Teil 1)

Erfahren Sie, wie Sie die Eignungsprüfung für öffentliche Aufträge meistern. Schlüsselkriterien und Tipps für den Erfolg in Vergabeverfahren
Mehr erfahren
19.02.2024 | Fachbeitrag

Die rechtssichere Baudokumentation: Must-Have für jedes Bauprojekt!

Warum eine umfassende Baudokumentation in Bauprojekten unverzichtbar ist und wie sie rechtssichere Abrechnungen und erfolgreiche Projekte sichert
Mehr erfahren
19.01.2024 | Fachbeitrag

eRechnung: Pflicht soll auch im B2B schnell kommen!

In Deutschland soll es ab 2025 im B2B-Geschäft nur noch eRechnungen geben. Lesen Sie jetzt, was das konkret bedeutet, wer davon betroffen ist und was sie tun müssen.
Mehr erfahren
29.11.2023 | Fachbeitrag

Zukunftstrends bei öffentlichen Ausschreibungen

Welche Entwicklungen gibt es im öffentlichen Auftragswesen? Welchen Einfluss haben Digitalisierung, Nachhaltigkeitsaspekte und Gesetzgebung?
Mehr erfahren
Zum Wissensbereich