Fachbeitrag

CPV-Codes in öffentlichen Ausschreibungen – Fluch oder Segen?

Im Jahr 2008 hat die EU alle Vergabestellen verpflichtet, bei EU-weiten Vergabeverfahren die ausgeschriebenen Leistungen nach dem eigens erarbeiteten CPV-Code-Katalog zu kategorisieren. Dies bringt Herausforderungen und Risiken, aber auch ungeahnte Chancen mit sich.

CPV-Code – Was ist das?

CPV-Codes (Common Procurement Vocabulary) sind das gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge in der EU. Sie sollen dabei helfen, ausgeschriebene Güter und Leistungen klar und akkurat zu beschreiben und zu klassifizieren. Hierzu hat die EU eine hierarchische Struktur mit Rubriken und sich weiter verzweigenden Unterkategorien geschaffen. Im Folgenden ein Beispiel für den Aufbau eines solchen Codes anhand der Leistung „Lieferung PC“ mit dem CPV-Code

30213000-9:

  • 30 – Maschinen, Material und Zubehör für Büro & Computer
  • 302 – Computeranlagen und Zubehör
  • 3021- Datenverarbeitungsgeräte und Zubehör
  • 30213 – Personalcomputer
  • Jede weitere 0 – keine weitere Präzisierung
  • 30213000-9 – die letzte Ziffer (9) ist eine Prüfziffer zur Validierung

Welche Schwächen haben CPV-Codes?

Der aktuelle Stand des CPV-Katalogs ist aus dem Jahre 2008 und wurde für die gesamte EU erstellt. Dies erklärt drei der aus heutiger Sicht größten Schwächen:

  • Die große Zahl von CPV-Codes (exakt 9.454) macht es nicht gerade einfach, den passenden Code zu finden. Die Suche erweist sich oft als sehr zeitaufwändig.
  • Es wurden Sichtweisen auf Güter und Leistungen aller EU-Länder berücksichtigt. Dies entspricht nicht immer dem Selbstverständnis der jeweiligen Branchen in Deutschland. So werden Leistungen und Güter teils nicht den erwarteten Kategorien zu- oder untergeordnet. Beispielsweise sind Bauschmiedearbeiten nicht unter “Bauleistungen”, sondern unter “Dienstleistungen von Architekten und Ingenieuren” zu finden.
  • In den 15 Jahren seit der Erstellung des Katalogs hat sich unsere Welt stark verändert. Der Fokus hat sich durch die voranschreitende Digitalisierung immer stärker in Richtung IT-Dienstleistungen verschoben. Dadurch sind diese Rubriken und Kategorien bei einer vergleichsweise geringen Detailierung stark unterrepräsentiert.

Worin liegen die Vorteile?

Allen Schwächen zum Trotz lohnt sich der Blick in den CPV-Katalog:

  • Der CPV-Code hat sich neben den EU-weiten Ausschreibungen auch auf nationaler Ebene stark ausgebreitet und verfügt dadurch über eine große Nutzungsabdeckung.
  • Die Ausschreibungssuche mit CPV-Codes umgeht das Problem von unterschiedlichen Leistungsbezeichnungen durch Synonyme, lokal abweichendes Vokabular (Dialekt) oder Beamtensprache (z.B.: Malerarbeiten und Anstricharbeiten).
  • Bei der grenzüberschreitenden Suche nach passenden Ausschreibungen auf dem TED (Onlineversion des „Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union“) sichert die Verwendung des CPV-Codes, dass die hier veröffentlichten Ausschreibungen von Firmen aus allen EU-Staaten schnell und ohne Sprachbarrieren gefunden werden können.
  • Korrekt kategorisierte Bekanntmachungen beschleunigen für Bieter die Suche nach Aufträgen, da die passenden Bekanntmachungen schneller identifiziert werden können.
  • Für die ausschreibende Stelle erhöht sich die Auffindbarkeit der Bekanntmachung für die relevanten Bieterfirmen.

CPV-Codes sinnvoll und effizient nutzen

Die Stärken der CPV-Codes liegen auf der Hand. Die größte Herausforderung ist es aber, diese richtig auszuspielen.

Dabei gilt es nicht nur für Unternehmen, den oder die richtigen CPV-Codes für die eigene Leistung zu ermitteln. Vielmehr müssen die Öffentlichen Auftraggeber in den Vergabebekanntmachungen der ausgeschriebenen Leistung den korrekten CPV-Code zuordnen. Nur so kann es Bietern gelingen, mit Hilfe des CPV-Codes schnell und unkompliziert die passenden Ausschreibungen zu finden.

Um dies sicherzustellen, hat die Europäische Kommission 2020 eine entsprechende Regel (Rule „R388“) eingeführt. Sie besagt, dass die Auftraggeber zwingend auf die richtige Anwendung des CPV-Codes achten müssen. Bei falscher Zuordnung erfolgt keine Veröffentlichung.

Für die korrekte Zuordnung bzw. das Finden des passenden CPV-Codes gibt es diverse CPV-Code-Assistenten, die das Auffinden deutlich erleichtern. Sie bieten in der Regel aber nur eine einfache Suche innerhalb des CPV-Kataloges.

Seit kurzem gibt es eine weitaus bessere Lösung: die Anwendung der ersten KI zur CPV-Code Klassifizierung. Anhand kurzer Leistungsbezeichnungen oder Kurzbeschreibungen werden die korrekten CPV-Codes in weniger als einer Sekunde ermittelt, ohne den o.g. genannten Schwächen zu unterliegen.

Fazit

Die CPV-Codes sind ein hilfreiches Instrument für Bieter, um aus der Fülle der veröffentlichten Ausschreibungen schnell die passenden Aufträge auf der Ausschreibungsplattform zu filtern. Das funktioniert aber nur, wenn sie richtig eingesetzt sind und korrekt zugeordnet wurden.

Für die Vergabestellen bieten sie eine gute Möglichkeit, den Gegenstand des Beschaffungsauftrags möglichst genau zu beschreiben und somit Angebote von qualifizierten Bieterfirmen zu erhalten. Aber erst die jüngsten technologischen Entwicklungen an der Front der künstlichen Intelligenz entfalten das volle Potential der CPV-Codes.

Autor

Benjamin Knapp ist seit 2019 Leiter der IT des Staatsanzeigers für Baden-Württemberg, dem führenden Partner für Vergabesoftware im Südwesten Deutschlands. Von 2013 bis 2019 war er IT- und Produktionsleiter bei Vergabe24. Seine über ein Jahrzehnt lange Erfahrung im Bereich digitaler Lösungen für öffentliche Aufträge bringt er in Tenbyte AI, ein Lösungsanbieter für Künstliche Intelligenz im Vergabeumfeld, als Gründer mit ein: https://tenbyte.ai/

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